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Schülerabende

1911 machte Rektor Ernst Wildi den wegweisenden Vorschlag, einen jährlichen Schülerabend zu organisieren! Daraufhin wagte die Lehrerschaft den Versuch einer grösseren Theateraufführung. Dies hatte weitreichende Folgen….

Ermuntert durch den unerwarteten Erfolg, beschloss der Konvent, den Schülerabend definitiv einzuführen, auch mit dem Ziel, den Kontakt zwischen Lernenden und Ehemaligen der Schule zu fördern. Der erste Schülerabend fand am 24. Februar 1912 im Saal des Restaurants «Krone» am Landsgemeindeplatz statt. Unter der Leitung einiger Lehrpersonen boten Schüler nun alljährlich dramatische und musikalische Darbietungen, wie zum Beispiel die «Trogener Teddies», welche am Schülerabend 1941 einheizten (siehe Bild oben). Bis 1968 fand der Schülerabend jeweils in der «Krone» statt. Da der damalige Wirt allerdings nicht mehr willens war, seinen Saal für Theateraufführungen zur Verfügung zu stellen, fiel der Schülerabend im Februar 1969 zum ersten Mal aus. Von 1970 bis 1984 fanden die Theateraufführungen neu in der Turnhalle statt und das anschliessende Fest in den Räumlichkeiten der Kantonsschule. Im Lauf des Schuljahrs 1984/85 erarbeitete man ein neues Konzept: Abgelöst wurde der Schülerabend durch ein Schulfest, das bis 1993 auf dem Areal der Schule durchführt wurde. Nach acht Jahrzehnten endete diese wertvolle und verbindende Tradition; auch als Folge der allseits vorhandenen Freitzeitüberangebote. [1]

Die Postkarten

Um den Schülerabend jeweils zu bewerben wurden jährlich eine kunstvolle Postkarte gestaltet. Die erste ist auf das Jahr 1917 datiert, die letzte wurde 1968 gedruckt. Unter der Anleitung des Zeichnungslehrers wurden Entwürfe kreiert und schliesslich ein Favorit auserkoren. Rückblickend sind die Postkarten in mehrfacher Hinsicht äusserst wertvolle Zeitzeugnisse: Sie bilden den jeweiligen Zeitgeist auf eindrucksvolle Weise ab; sei es kunsthistorisch oder teilweise auch auf das Weltgeschehen bezogen.

-> Klicke mit der Maus auf eine Postkarte und entdecke dahinter weitere kunstvoll gestaltete Einladungen!

1910er-Jahre

«Erster Weltkrieg»

1920er-Jahre

«Goldene Zwanziger»

1930er-Jahre

«Weltwirtschaftkrise»

1940er-Jahre

«Zweiter Weltkrieg»

1950er-Jahre

«Wiederaufbau und Wirtschaftswunder»

1960er-Jahre

«Jugendrevolte»

Die Theater

Dass an der Kanti-Theater gespielt wird, entspricht einer langen Tradition: 1911 wagte die Lehrerschaft (auf den Vorschlag von Rektor Ernst Wildi hin, einen jährlichen Schülerabend zu organisieren) den Versuch einer grösseren Theateraufführung. Einstudiert wurde ein Stück über Andreas Hofer, in dessen Zwischenakten auch das Kantonsschulorchester spielte. Ermuntert durch den unerwarteten Erfolg, entschloss man sich, neben dem Schlussabend vor allem am neu eingeführten Schülerabend mit seinem Theaterstück festzuhalten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts existierte sogar ein eigenes Theaterunternehmen: Das Kellertheater der Kantonsschule Trogen, welches vom Deutschlehrer Gerhard Falkner gegründet und geleitet wurde. Falkner war von 1961 bis 1999 an der KST tätig und hatte in dieser Zeit bei über 40 Produktionen Regie geführt, darunter auch eigene, experimentelle, in Kombination mit Musik, mit Tanz oder im Zusammenspiel mit dem Dorf Trogen: Die beiden Kantaten zum hundertfünfzigjährigen Bestehen der Kantonsschule Trogen (1971) und «Die Ausfahrt der Arche» zur Einweihung des Schulhausneubaus «Arche» (1995) oder die Inszenierung Jedermann (1982).

Die Musik

Musik hatte an der Kantonsschule Trogen schon sehr früh einen hohen Stellenwert. Seit der Gründung der Schule wurde Gesangsunterricht im Chor unterrichtet. Der Instrumentalunterricht entwickelte sich um die Wende zum 20. Jahrhundert aus der Hausmusik des Knabenkonvikts: Einzelne Schüler lernten Instrumente spielen und musizierten so zusammen. An der Schlussfeier 1901 wirkte dieses kleine Hausorchester zum ersten Mal mit. Aus dieser Zeit stammt die Fotografie, die das Orchester mit seinem Leiter, Musikdirektor Bergmann (rechts stehend), zeigt. Neben den 17 Schülern erkennt man Schuldirektor Theodor Wiget am Cello. 1915 schliesslich entstand daraus das offizielle Kantonsschulorchester, das an den jährlichen Schlussfeiern und Schülerabenden so zum festen kulturellen Bestandteil wurde.

Das erste Kanti-Orchester mit Musikdirektor Bergmann (rechts stehend) und Schuldirektor Theodor Wiget am Cello. ca. 1901

Das nostalgische Kanti-Lied «Wiege der Glückseligkeit», komponiert von Jürg Surber (Demoversion 2020)

Rückmeldungen

«Für willkommene und zugleich lehrreiche Abwechslung und Erholung von der ernsten Schularbeit sorgte in erster Linie der unter der Leitung der Herren Prof. Dr. Wohnlich und Musikdirektor Aeschbacher trefflich durchgeführte Schülerabend, der, ganz angelsächsisch eingestellt, mit englischen und amerikanischen Volksliedern, sogar Negerliedern, englischer Chor- und Instrumentalmusik und einer ganz vortrefflichen Aufführung von Shakespeare’s „Was ihr wollt“ die zahlreiche Kantonsschulgemeinde erfreute und in die denkbar beste Stimmung versetzte.»[2]

«Der gestrige Schülerabend, […] hat uns wiederum mit grösster Freude erfüllt. Es liegt über diesen Abenden ein Zauber, der nicht leicht zu fassen ist. Das hinreissende Erlebnis der Jugend, das uns geboten wird, die Erinnerung an die eigenen Schuljahre, das Band alter Kameradschaft, das die trennenden Wege des Lebens und vielgestaltiger Entwicklung für einige Stunden vergessen lässt, die unentwegte Anhänglichkeit an die Schule, alles dies zusammen mit dem reichen Wechsel frohgebotener Darbietungen schafft eine Stimmung, einen einheitlichen Geist, dem wir uns nicht entziehen können. Wir tauchen unter im Getriebe und geniessen die süsse Täuschung, selber wieder jung zu sein.»[3]

«Weil einzelne Besucher des Schülerabends jeweilen mit dem ersten Morgenzuge heimreisen, ist der Wunsch geäussert worden, es möchte das Tanzvergnügen beim nächsten Anlasse länger als bis drei Uhr ausgedehnt werden, was mit Rücksicht auf die aktive Schülerzahl nicht wohl angängig ist. Sollte das Verlangen nach Verlängerung allgemein von den Mitgliedern des K. V. T. gewünscht werden, so mögen die letzteren dem Rektorat davon Mitteilung machen, damit die Frage im Lehrerkollegium der Kantonsschule erörtert werden kann.»[4]

«Ich muss gestehen, dass mich beim Lesen des diesjährigen Schülerabend-Programms etwas zwiespältige Gefühle bewegten. Unwillkürlich drängte sich die ernste Frage auf: Ist es heute, da rings um unser Land engherziger und engstirniger Nationalismus die Völker beherrscht, wo egoistische Absonderung statt gegenseitige Verbundenheit Richtschnur der hohen Politik ist, angezeigt, dass auch wir ähnlichen Tendenzen huldigen? Sollen auch wir, statt über die Grenzen und vorwärts zu schauen, unsere Blicke in die Vergangenheit richten, uns mit den Taten unserer Vorfahren brüsten, uns an einer «Tell»-Aufführung berauschen? — Heute, da das Spiel vorüber ist, ist jeder Zwiespalt gewichen und hat aufrichtiger Freude Platz gemacht. Was uns gestern Abend geboten wurde, das war gesunde, währschafte Schweizerkost, war ein Stück jenes alten Schweizer Freiheitsgeistes, der nichts zu tun hat mit engem, selbstsüchtigem Nationalismus. […] Wir dürfen den Leitern des Schülerabends dankbar sein, dass sie gerade in der heutigen ernsten Zeit diesen alten Schweizergeist wachriefen, der allerorten so bitter nottut.»[5]

«Seit „Urzeiten“ hat er in der gemütlichen „Krone“ stattgefunden. Man steckte im Gedränge, tanzte — sofern noch Platz dafür war —, dass der Boden zitterte, freute sich über die Produktionen der Schülerchöre, des Orchesters und die immer vortrefflich gespielten Theateraufführungen, und — last but not least — die geistreiche Rede des jeweiligen Rektors. Man ass und trank bei frohem Gespräch bis in die kalten Morgenstunden hinein. Wer hätte an eine Änderung gedacht? Plötzlich stand für die Eingeweihten fest, dass im Februar 1968 der letzte „Kronenschülerabend“ abgehalten werden sollte. Die Enttäuschung war gross und weit verbreitet im Kreise der Ehemaligen. Aber die Entscheidungsgewalt lag nicht beim Vorstand des KVT oder dem Rektorat der Kantonsschule, sondern einzig beim Besitzer der Krone. Protestschreiben Ehemaliger konnten die Lage auch nicht ändern.»[6]

Filmperlen aus dem Archiv

Elisabeth Pletscher (*1908; †2003) war von 1921 bis 1928 Schülerin an der Kanti. Im Jahre 2001 erinnerte sie sich an die Ära der Schülerabende zurück.

[1] Jonannes Schläpfer: Ond zTroge machids gschydi Lüt – 200 Jahre Kantonsschule Trogen. Appenzeller Verlag, Schwellbrunn, S. 84 – 86.

[2] Ernst Wildi, KVT-Mitteilungen Nr. 6 (1926/27), Seite 24

[3] H.K. Sonderegger, KVT-Mitteilungen Nr. 8 (1928/29), Seite 3

[4] A. Eugster, KVT-Mitteilungen Nr. 11 (1931/32), Seite 17

[5] A. Bischofberger, KVT-Mitteilungen Nr. 15 (1935/36), Seite 3/4

[6] C. Guggenbühl, KVT-Mitteilungen Nr. 50 (1970/71), Seite 38

Bildunterschriften der Schülerabend-Postkarten: Gerold Ebneter, Johannes Schläpfer, Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden

Literatur: KVT-Mitteilungen Nr.  67 (1987/88) «Theater an der KST».

Foto Gerhard Falkner: Felix Kühne

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