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Ernst Wildi

Ernst Wildi war 33 Jahre lang Rektor an der Kantonsschule Trogen und hat die Schule und deren Entwicklung von 1904 bis 1937 wie kaum ein anderer Schulleiter vor und nach ihm nachhaltig geprägt. Sein Wirken in dieser Zeit zeigt ein exemplarisches Abbild des gymnasialen Alltags in der Schweiz und dokumentiert eine der prägendsten Phasen in der Geschichte der Kantonsschule Trogen.

Meilensteine aus Wildis Rektorenzeit

Ernst Wildis Schaffen wirkte noch Jahrzehnte nach seinem Tod. 1995 wurde mit der «Arche» das bis anhin grösste Gebäude der Kantonsschule eingeweiht. Bei dieser Gelegenheit bezeichnete Willi Eugster (14. Rektor der KST) Wildi 56 Jahre nach seinem Tod als «die wichtigste Persönlichkeit in der Entwicklung der Kantonsschule».[1] Zu den Meilensteinen von Wildis Wirken an der Kanti Trogen gehörten unter anderem:

  • Bereits zu Beginn seiner Karriere als Schulleiter stand Ernst Wildi, kaum 26-jährig, vor einer der grössten Herausforderungen in der bisherigen Geschichte der KST; nachdem die Schule nun seit 83 Jahren bestanden hatte (Gründung 1821), war es dringend notwendig, die Institution dem 20. Jahrhundert anzupassen und von 1904-1907 unter seiner Führung zu reorganisieren
  • Unter Wildi blühte die Schule auf und konnte eine jährliche Zunahme von Schülern verzeichnen (von 1904-1937 eine Zunahme von 300 Schülern)
  • Dass an der KST Theater gespielt wird, entspricht einer langen Tradition, die ihren Ursprung in einem Vorschlag von Rektor Wildi hat
  • Im Zusammenhang mit der 100-Jahrfeier der Schule erarbeitete Wildi eine 207-seitige Festschrift
  • Nach etlichen Anstrengungen konnte 1928 der Neubau der Turnhalle eingeweiht werden
  • 1931 schliesslich wurde das «Rote Schulhaus», das von verschiedenen Zeitgenossen als Wildis Lebenswerk bezeichnet wurde, eröffnet
  • Ernst Wildis Beiträge zur Schule zeichneten sich auch in seinem Engagement für die Schülervereine ab. So wäre ohne sein Engagement der Segelflugverein «Albatros»  nie gegründet worden
  • Daneben führten Widi und seiner Frau Bertha ein Pensionat für Schüler der KST. Obwohl Wildis drei Angestellte für die 15 bis 25 Schüler hatten, war die Aufgabe mit einem beträchtlichen Kraftaufwand und Verzicht verbunden
  • 1923 verlieh die Universität Zürich Wildi den Ehrendoktor Dr. h. c. (honoris causa)
  • Schon kurz nach Wildis Ableben wurde, im Sinne seiner Wohltätigkeit, die «Wildi-Stiftung» ins Leben gerufen
Ernst und Bertha Wildi mit Konvikt-Zöglingen, 1905

Chronist der Schule

Dass die ersten 120 Jahre der Kantonsschule Trogen und deren pädagogische Entwicklung detailliert dokumentiert sind, hat vor allem damit zu tun, dass sich Ernst Wildi in doppelter Hinsicht als Chronist der KST betätigte: Zum einen hatte er wie kein anderer Schulleiter die Jahresberichte der Schule genutzt, um die Geschehnisse der vergangenen Schuljahre äusserst genau zu beschreiben; zum anderen hatte er im Rahmen der Hundertjahrfeier der KST die Schulgeschichte bis 1921 aufgearbeitet und in der 207-seitigen Festschrift Die Appenzell a. Rh. Kantonsschule in Trogen zum hundertjährigen Bestand publiziert.

 

(Festschrift Die Appenzell a. Rh. Kantonsschule in Trogen zum hundertjährigen Bestand fehlt)

Die Aufgabe, die ersten 100 Jahre der Schulgeschichte zu dokumentieren, war in einer Zeit ohne gut ausgebaute Verkehrsverbindungen, öffentliche Kataloge und Internet eine unglaubliche Herausforderung. Wildi beschreibt den diesbezüglichen Aufwand im Vorwort der Festschrift: «Ausser den Skizzen über die Geschichte der Kantonsschule von Dekan Heim, veröffentlicht im [ersten] Jahresbericht 1874/75, und dem Bericht des Herrn Pfarrer Schlegel von Trogen, verfasst bei Anlass der Reorganisation im Jahre 1905, lag alles Material in Archiven und Protokollen zerstreut. Ich trug es zusammen aus den Protokollen der Lehrerschaft, der Aufsichts-, Maturitäts- und Landesschulkommission, der Standeskommission, des Grossen Rates, des zweifachen Landrates. Ich durchstöberte alle mir zugänglichen Korrespondenzen, sämtliche appenzellischen Monatsblätter und appenzellischen Jahrbücher, die Jahresberichte, die Berichte der Staatswirtschaftlichen Kommission und alle mir zugänglichen, die lokal- und Schulgeschichte betreffenden Publikationen. Da Akten und Protokolle oft einseitig zeugen, scheute ich die Mühe nicht, ganze Bände alter Tageszeitungen zu durchblättern, ältere Schüler zu befragen. […] Ich trage mit dem Zeitopfer, das die Geschichte der Schule von mir verlangte, dem Kanton A.Rh. gegenüber eine Dankesschuld dafür ab, dass er in einem kritischen Zeitpunkt der Anstalt die Leitung derselben einem jungen Mann anvertraute, der auf den freundlichen grünen Hügeln des Appenzellerlandes Lebensaufgabe und Lebensglück fand.»[2]

Wildis Grab und die Geschichte seiner Gedenktafel

Als 1963 das 25. Todesjahr von Wildi näher rückte, erreichte Rektor Walter Schlegel (2. Rektor nach Wildi) ein Brief aus Durham, North Carolina, USA, von einem ehemaligen Schüler: «Sehr geehrter Herr Rektor, als ehemaliger Kantonsschüler (Matura 1913) habe ich während meiner Schweizer Ferien wieder einmal Trogen besucht. Dabei bemerkte ich, dass die seinerzeit von der Gemeinde Trogen gestiftete Erinnerungsplatte für Herrn Rektor Wildi im Friedhof angebracht ist. In Übereinstimmung mit anderen Ehemaligen, mit denen ich die Sache besprach, habe ich das Gefühl, dass das Kantonsschulgebäude selbst ein besserer Platz für die wohlverdiente Ehrenmeldung wäre. Dort wäre sie für kommende Generationen von Studierenden eine fortdauernde Inspiration. Auf dem Friedhof ist sie wenigen zugänglich und wird von wenigen beobachtet. Wahrscheinlich müsste sie dort mit der Zeit überhaupt verschwinden. Ich habe Herrn Gemeindehauptmann Niederer in demselben Sinne geschrieben und würde es sehr begrüssen, wenn Sie sich entschliessen könnten, zu der vorgeschlagenen Lösung Hand zu bieten.»[3] Aus dem Antrag wurde jedoch nichts, da der Beschluss der ehemaligen Gemeindebehörde, die Platzierung auf dem Grab, nicht aufgehoben werden konnte. Ein weiterer Vorschlag, eine neue Gedenktafel für das Schulareal in Auftrag zu geben, wurde ebenfalls nicht realisiert. 1994 meldete sich auch der ehemalige Kantonsschüler und Mövenpick-Gründer Ueli Prager und schrieb bezüglich des Grabes von Ernst Wildi an den Dorfpfarrer: «Von 1929 bis 1935 bin ich in Trogen zur Schule gegangen und blicke auf eine sehr glückliche damalige Zeit zurück. Ich war in Pension bei meinem verehrten Lehrer und Erzieher, Herrn Rektor Wildi, dem ich in Dankbarkeit gedenke. Ich war kürzlich in Trogen auf einem 2-tägigen Heimwehbesuch und wie auch in früheren Jahren war ich entzückt und erfreut von der Appenzeller Landschaft, aber auch von der typischen Trogener Atmosphäre. Ich war auch auf dem Grab von Rektor Wildi und habe mit etwas Trauer und Wehmut gesehen, dass die Inschrift kaum mehr lesbar und der Stein von irgendwelchen Steinflechten bedeckt ist. Auch die Blumenpflege war nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt hätte für einen Mann, dem so grosses Verdienst um Trogen zukommt.»[4] In der Folge finanzierte Prager die Grabmal-Renovation für 3100 Franken und bezahlte sechs Jahre später den Grabunterhalt durch die Gemeinde Trogen für die folgenden zwei Jahrzehnte bis ins Jahr 2022; dazu schrieb er an seine ehemaligen Kantonsschulkameraden: «Das Häuflein, das sich noch unseres damaligen Rektors erinnert, ist geschrumpft. Von den Pensionären im ‹Wildihaus› bleiben Max Honegger und ich. Ja, und nach den 20 Jahren sind wohl die Erinnerungen aller lieben Freunde erloschen!»[5] Im Hinblick auf die Auflösung des Grabes entschied die KST-Schulleitung 2019, exakt 80 Jahre nach Wildis Tod, die Erinnerungsplatte vom Grab auf den Schulcampus zu überführen. Als Standort wählte man das «Rote Schulhaus», das wiederholt als einer von Wildis grösstem Beitrag an die Kantonsschule angesehen wurde. Seither hängt die von Wilhelm Meier gestaltete Gedenktafel einige Meter neben seinem Brunnen aus dem Jahre 1965.

Die Sandstein-Gedenktafel am Eingang des «Roten Schulhauses» erinnert seit 2019 an Wildis Schaffen

[1] Feierliche Ankerübergabe – Mit einem offiziellen Festakt wurde das neue Schulhaus der Kanti eingeweiht. In: Appenzeller Zeitung. 4. September 1995.

[2] Ernst Wildi: Die Appenzell a. Rh. Kantonsschule in Trogen zum hundertjährigen Bestand. Eigenverlag, Trogen 1921, S. 3–4.

[3] Frederick W. Stocker: Brief an Walter Schlegel vom 1. September 1963. Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden, D.027-60-5-22.

[4] Ueli Prager: Brief an Pfarrer Ueli Schlatter vom 30. August 1994. Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden, D.027-60-5-24.

[5] Ueli Prager: Brief an Ehemalige vom 27. September 2002. Staatsarchiv Appenzell Ausserrhoden, D.027-60-5-24.

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